Konfirmationspredigt vom 14.05.2017

Liebe Konfis,

die Suche nach einem geeigneten Predigttext für eure Konfirmation war gar nicht so ganz einfach. Auf der einen Seite möchte ich euch zu eurer Konfirmation etwas mitgeben, auf der anderen Seite auch einen Bibeltext aussuchen, der in unsere Zeit und ins Kirchenjahr passt. Da bin ich auf die Tageslosung für heute gestoßen. Die Tageslosungen sind kurze Bibelverse, die zu je einem Tag des Jahres zugelost werden. Sie sollen den Lesenden durch den Tag begleiten.
Die Losung, die über eurer heutigen Konfirmation steht lautet: „ich will euch annehmen zu meinem Volk und will euer Gott sein, dass ihr´s erfahren sollt, dass ich der HERR bin, euer Gott, der euch wegführt von den Lasten, die euch die Ägypter auflegen.“ (Ex 6,7)

Als ich das las, musste ich grinsen. Wie passend, fand ich! Warum, will ich euch und Ihnen gleich dreifach erklären. Der Vers besteht aus drei Hauptverben.

 

  1. Annehmen

Der erste Teilsatz heißt: „Ich will euch annehmen zu meinem Volk und will euer Gott sein, …“

Gott sagt: „Ich will euch annehmen.“ Wer angenommen ist, der gehört dazu, der zählt etwas, der ist wichtig und angesagt.
An dem Tag, an dem ihr getauft wurdet, hat Gott euch das schon einmal zugesprochen: Du bist mein Kind, du gehörst zu mir, du bist mir wichtig. Damals am Anfang eures Lebens stand also das JA von Gott zu euch. Er hat euch angenommen. Mit der Taufe wurdet ihr Teil der christlichen Gemeinschaft und mit eurer Konfirmation seid ihr nun mündige Mitglieder der Gemeinde. Ihr dürft Abendmahl feiern, ihr dürft wählen, mitreden… Ihr seid gewachsen und habt dazu gelernt. Euch kann man nicht mehr so einfach etwas vorgaukeln, sondern ihr hinterfragt Dinge, seid kritisch, auch oder vielleicht gerade bei Glaubensfragen. Und das ist gut so! Glauben heißt nämlich nicht „Kopf ausschalten“.

„Ich will euch annehmen“. „Ich will“ heißt: Gott möchte und wir müssen bestätigen. Eine Freundschaft, die nur Einseitig gilt, ist keine richtige Freundschaft. Wir sind zur Antwort gerufen. Gott reißt niemanden an sich. Ihr seid ganz frei zu entscheiden wie ihr wollt. Auch das gehört zum älter werden mit dazu. Ich weiß es nicht, vielleicht wird es für einige von euch heute auch das letzte Mal Kirche für lange Zeit.
Aber das Angebot bleibt trotzdem weiter bestehen: Gott will… und die Frage ist ja: Willst du auch? Willst du auch zu seinem Volk, zu seiner Gemeinde dazugehören?

Heute gebt ihr euer Ja dazu. Euer kleines JA, das das große JA Gottes über eurem Leben annimmt, bestätigt. Darum auch „Konfirmation“.

Ein Jahr KU4 und dann ein dreiviertel Jahr Hauptkonfirmandenunterricht. Das habt ihr jetzt geschafft. Aber reicht das eigentlich aus? Ich tippe mal euch reicht das schon… Aber reicht die Zeit wirklich, um ein Ja zu Gott zu finden? Um wirklich so etwas wie glauben zu entwickeln? Die Frage müsstet ihr jetzt beantworten. Hat sich was verändert in der Zeit?

Ich finde so ein Ja darf sich mit den Jahren weiterentwickeln. Vielleicht ist es heute Morgen noch ganz zart und leise. Und das ist völlig okay. Macht euch keinen Stress! Beziehung entwickelt sich. Man ist ja mit einem vorher völlig Fremden nach einem Tag meistens auch noch nicht best friends, sondern lernt sich erst einmal kennen. Aber ihr dürft euch sicher sein. Gottes Arme sind für euch offen. Er nimmt euch an, genau so, wie ihr seid! Und dieser liebevollen Annahme dürfen wir folgen und antworten.

 

  1. Erfahren

Vielleicht seid ihr gar nicht so sicher, wie sich denn sowas entwickelt? So eine Beziehung zwischen mir und Gott? Das hat etwas mit dem zweiten Verb aus der Tageslosung zutun.

„…dass ihr´s erfahren sollt, dass ich der HERR bin, euer Gott…“

Zum Glauben gehören auch Erfahrungen dazu. Glaube kommt selten über Nacht, sondern ist ein Weg mit Gott und auf Gott zu, der von Erfahrungen und Erlebnissen geprägt wird. Das hebräische Wort für „erfahren“, das an dieser Stelle im Urtext steht, hat eine unheimlich tolle Breite, die uns einen guten Einblick in das gibt, was alles mit dem Wort mitschwingt. Man könnte den Satz nämlich auch so übersetzen:

  • Dass ihr´s erkennen sollt, dass ich der HERR bin, euer Gott
  • Dass ihr´s verstehen sollt, dass ich der HERR bin, euer Gott
  • Dass ihr wahrnehmen sollt, dass ich der HERR bin, euer Gott
  • Dass ihr es spüren sollt, dass ich der HERR bin, euer Gott

Und letztlich sogar

  • Dass ihr es wissen sollt, dass ich der HERR bin, euer Gott

Auch ihr habt Erfahrungen in der Konfi-Zeit gemacht. Manche haben ihre Ängste überwunden und neue Seiten an sich kennen gelernt. Bei der einen oder anderen Konfi-Stunde habt ihr vielleicht auch etwas für euch erkannt oder verstanden.

Auf den Freizeiten beim Singen, in den Gesprächen oder bei den Andachten und Themen konntet ihr etwas davon spüren, es wahrnehmen, dass Gott was mit euch zu tun haben will. Dass Glaube auch euch was angeht.

Dieser Weg des Glaubens, den ihr nun ein dreiviertel Jahr ganz intensiv beschritten habt, geht weiter, auch über die Konfirmation hinaus. Haltet die Augen offen, seid bereit dafür, dass euch Gott auch einfach mal so begegnet, in anderen Menschen, in Gesprächen, in seiner Schöpfung oder wo auch immer. Gott sagt: „Wenn ihr mich sucht, werdet ihr mich finden.“ (Jer 29,13). Das wünsche ich euch, dass ihr Neugierig bleibt, nach Gott sucht, ihn erwartet und seine Nähe und Anwesenheit erfahrt.

 

  1. Herausführen

Und schließlich das dritte Verb im Satz.
„… euer Gott, der euch wegführt von den Lasten, die euch die Ägypter auflegen.“

Ihr werdet und Sie werden wahrscheinlich weniger Probleme mit Ägyptern haben, aber Dinge die uns belasten, kennen wir alle. Stress bei der Arbeit oder in der Schule. Streit mit einem Freund, einer Freundin oder dem Partner. Das schlechte Gewissen nach der „Notlüge“. Gefühle in sich drin nichts wert zu sein oder anderen nicht zu genügen… Das zerrt an einem, das belastet uns.

Auf der zweiten Konfirmanden-Freizeit haben wir uns viel mit dem Thema Schuld beschäftigt. Mit dem, was uns von unseren Mitmenschen und auch von Gott trennt. Dinge wie Hass, Neid, Lüge, Gewalt… sowas gibt es in der Welt nicht, die sich Gott für uns wünscht. Leider brauchen wir nur rauszugucken oder den Fernseher anzumachen und erfahren von diesen Dingen im Übermaß.

Und nun steht in diesem Vers von eben: „Gott, der euch wegführt von den Lasten“.
Es ist offenbar nicht Gottes Wille, dass wir hier auf dieser Welt in Missgunst und Krieg untergehen. Er will uns herausführen, dorthin, wo Weite ist, wo Freiheit herrscht, wo die Liebe regiert.

Ja und nun? wo ist denn dieser Ort? Im Himmel? Wenn´s den überhaupt gibt? Irgendwann mal in der Ewigkeit nach dem Tod in ferner Zukunft?

Gott hat uns Hilfen gegeben, wie wir diesen Ort der Annahme, des Respekts und der gegenseitigen Liebe hier bei uns schon aufbauen können. Wir kennen sie unter den 10 Geboten. Im Konfirmandenunterricht habt ihr gelernt, dass sie nicht dazu da sind, um uns Menschen klein zu halten, uns zu ärgern und jeden Spaß im Keim zu ersticken, nach dem Motto „Spaßverderber Kirche“. Die Gebote sind dafür da, dass wir in Freiheit miteinander leben können. Freiheit bedeutet nämlich nicht alles tun und lassen zu können was man will. Freiheit bedeutet, sich frei in einem Rahmen bewegen zu können, der mir und anderen guttut.

Lasten, die wir täglich mit uns herumschleppen. Am Kreuz nimmt Gott uns unsere Lasten weg. Das habt ihr auf der zweiten Freizeit in Hanstedt ganz real erlebt, als ihr die Zettel mit euren persönlichen Lasten ans Kreuz legen konntet.

Ich wünsche euch, dass ihr euch immer wieder daran zurückerinnert, dass ihr in Gott jemanden habt, dem ihr alles sagen könnt, der für euch Rückzugsort sein kann, wenn ihr Ruhe oder Schutz braucht, und, dass ihr Gott in eurem Leben erfahrt, ihn spürt und erkennt, dass er es ist, der euch Freiheit schenkt.

Amen