Auch nach 500 Jahren ist Luthers Reformation ein bewegendes Thema. Unerwartet starker Besuch am 1.2.2017 im Gemeindehaus von St. Michael empfing den Referenten und Buchautor Dr. Georg Gremels aus Hermannsburg. Als Pastor im Ruhestand und langjährig im Missionswerk ELM aktiv, stellte Gremels die Frage in den Mittelpunkt, wie ein einfacher Mönch eine solche Glaubensrevolution auslösen konnte.
Um 1500 war das Machtgefüge in Mittel- und Westeuropa klar geregelt: Der Katholizismus mit Papst Leo X. als Stellvertreter Gottes auf Erden war herrschende Religion. Und weltlich ging im Reich Kaiser Karls V. die Sonne nicht unter, so groß war es. Auch die Rangfolge war eindeutig: die Kirche als oberste Heilsanstalt, Hauptsache Gehorsam. Erst dann der Kaiser. Da kam Luther als 3. Mann ins Spiel.
Angst war damals das Herrschaftsmittel der Kirche, Angst vor Verdammnis und höllischem Fegefeuer. Obendrein Angst vor Pest. Unterstützt von Papst Leo X., der den Bau des Petersdomes in Rom finanzieren musste, führte Erzbischof Albrecht v. Mainz, der sich wider Kirchenrecht weitere Erzbistümer erkaufte, den Ablasshandel ein – Erlass kirchlicher Strafen gegen Geldbuße, keine echte Sündenvergebung.
9 Jahre hat Luther schlimmste Fegefeuerängste durchlitten. Kraft eigener Leistung versuchte er wie andere Gott gnädig zu stimmen und sah sich jämmerlich scheitern. Bis er im Neuen Testament der Bibel entdeckte, dass Christus umsonst gibt, was die Kirche durch Ablass verkaufte. Gott macht aus Gnade gerecht, nicht ich als Sünder muss mich gerecht machen. Allein die Reue und der Glaube an Jesus Christus sind der Weg.
Die Verbreitung der 95 Thesen Luthers, begünstigt durch die Entdeckung des Buchdrucks, bereitete der Reformation in Zeiten kirchlichen Machtmissbrauchs den Weg.
In seinem kurzweiligen Vortrag, in knappen klaren Sätzen, stellte Gremels abschließend die Frage: was fürchten wir heute? Wir vermissen Geborgenheit, fürchten Scheitern und Vergänglichkeit, IS und Flüchtlinge, Sorge um Gesundheit und Besitzstand. Das Ich erhebt sich über die Welt, will die Welt regieren, doch das klappt nicht so recht. Angst, weil das Haus des Lebens ohne echtes Fundament und über dem Abgrund gebaut ist. Luther hat uns am Vorbild Maria, der bescheidenen Magd, die Jesus zu Welt bringt, einen Weg gewiesen, wie wir wieder den Weg zur Freiheit durch Christus gewinnen können: Nicht der Angst zu gehorchen, sondern mutig darauf zugehen im Vertrauen darauf, dass Gott auf unserer Seite steht. Vielleicht denkt der eine oder andere moderne Mensch darüber nach, dem eine solche Art des Umgangs mit Ängsten bisher fremd war.